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17.11.2023

Verständnis für demenzielle Einschränkungen und Erkrankungen schaffe

Anna-Meyberg-Haus bietet Mitarbeitenden, Angehörigen und Schüler/innen des Birkenhof Bildungszentrums interaktiven Demenz-Parcours an


„Sind Hände in ihrer Bewegung eingeschränkt, ist ein Anziehen nicht mehr so einfach möglich“, erklärte Projektkoordinator Christoph Gimmler den Schülerinnen Jolina (Mitte) und Lina an einer Station Des Demenz-Parcours.

Martina Keil erklärt (von links) Hendrik, Leon und Moritz, alles Schüler am Birkenhof Bildungszentrum, die Station zum Thema „Frühstück“. Hier erst merken sie, wie komplex unser Alltag ist. Für Menschen mit einer Demenzerkrankung können diese Dinge schnell zu unüberwindbaren Hürden werden.

HANNOVER. Rund 42 Handgriffe sind am Morgen für ein übliches Frühstück notwendig und nur ein paar Sekunden benötigen wir, um eine Jacke anzuziehen. Wenn ein Mensch aber an einer Demenz erkrankt ist, werden diese bisher „selbstverständlichen“ Alltagsaufgaben nach und nach zu einer unüberwindbaren Hürde.  

Um diese Erkrankung besser erklären zu können und auch Verständnis dafür zu wecken, hat der Fachbereich Senioren der Stadt Hannover eigens eine Ausstellung mit dem Titel „Demenz-Parcours – Interaktiv Demenz erleben“ entwickelt. Aufgebaut war diese jetzt im Anna-Meyberg-Haus, eine gerontopsychiatrische Pflegeeinrichtung des Unternehmensbereiches Bethel im Norden in Hannover-Kirchrode. So konnten sich an insgesamt dreizehn Stationen die Mitarbeitenden und Angehörigen der Einrichtung sowie die Schülerinnen und Schüler des Birkenhof Bildungszentrums ganz intensiv mit den verschiedenen Krankheitsbildern auseinandersetzten.

Kurz zur Erklärung: Mit der Demenz ist der Abbau von geistigen und emotionalen Fähigkeiten sowie von sozialen und alltagspraktischen Fertigkeiten verbunden.  „Bei den Personen über 65 Jahren in Deutschland sind davon rund 1,8 Millionen Personen betroffen“, erklärte dazu Christoph Gimmler, der als Projektkoordinator des Fachbereiches Senioren diese Ausstellung begleitet und als Ansprechpartner für die Besucherinnen und Besucher zur Verfügung steht.

So probierten die 18-jährige Jolina und die 21-jährige Lina aus dem Birkenhof Bildungszentrum aus, wie es ist, wenn man versucht, sich einen Kittel anzuziehen, während man durch übergroße Arbeitshandschuhe Einschränkungen in der Beweglichkeit der Hände empfindet. „Dabei habe ich nicht nur das Gefühl, es klappt nicht so richtig, sondern ich fühle mich gleichzeitig auch so hilflos. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie Betroffene damit umgehen, wenn sie merken, dass sie diese alltäglichen Dinge immer weniger oder gar nicht mehr erledigen können“, so die 18-jährige Jolina.

An einer anderen Station ordnen gerade Hendrik, Leon und Moritz, ebenfalls Schüler am Birkenhof Bildungszentrum, die oben bereits erwähnten 42 „Frühstücksschritte“ in die richtige Reihenfolge ein. „Da man diese Dinge im Alltag so ohne viel Nachdenken erledigt, ist es einem gar nicht bewusst, wie komplex unser Alltag doch ist“, stellt der 24-jährige Hendrik fest. Dabei merken die drei Schüler ebenfalls ganz schnell, wie schwierig es sein muss, wenn, aufgrund einer Demenz, Dinge nicht mehr so funktionieren, wie man es über viele Jahrzehnte gewohnt war. Dann spielt auch eine große Unzufriedenheit und auch Traurigkeit eine große Rolle.  

Martina Keil, die für den Bereich der sozialen Betreuung im Anna-Meyberg- Haus verantwortlich ist, möchte mit diesem Ausstellungsangebot dann auch Verständnis wecken, Missverständnisse aufbrechen und für das Thema „Demenz“ sensibilisieren. „Wir wollen an diesen verschiedenen Stationen zeigen, wie sich die Krankheit für die Betroffenen und auch für die Angehörigen anfühlt, welche Situationen entstehen und welche Herausforderungen damit verbunden sind“, macht Martina Keil deutlich. Häufig ziehen sich nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch die Angehörigen zurück. Martina Keil kennt diese Situationen aus ihrem beruflichen Alltag: „Es ist viel Scham dabei und auch die Angst, dass Verwandte oder Freunde ablehnend reagieren.“ 

Am Ende steht das Ziel, die Krankheit mehr in das Bewusstsein der Gesellschaft zu rücken und auch zu erreichen, dass es um eine sehr individuelle und einfühlsame Begleitung der Menschen geht, die betroffen sind. „Durch unsere Gespräche mit den Besucherinnen und Besuchern und durch die vielen Rückfragen merken wir“, wie sehr sie sich mit diesem Thema beschäftigen und ein ganz anderes Verständnis für diese Erkrankung entwickeln“, ziehen Martina Keil und Christoph Gimmler schon während der Ausstellung ein durchweg positives Fazit. 


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